MonatJuni 2020

Scharmützel

Testosteron und Ethanol.
das Eine kommt zum Andern.
Staatsgewalt mit Monopol,
das Andere zum Einen.

Worte fallen
Steine fliegen
Glas zerbirst
Worte verhallen.

Scharmützelnd
rollt der aufgeladene Mob
durch die Fußgängerzone.

Empörung
krawallt
durch Netz und Papier.

Die Frage nach
dem „Warum?“
und „Was jetzt?“
wurde weit
weniger oft
gestellt.

Erneuerung

Der Wind verweht das Kleid der Landschaft
und deckt den kalten Boden braungelb zu
das letzte warme Licht der frühen Sonne
färbt die ersten Tropfen Tau in Gold.
 
Was vor kurzem noch in voller Blüte stand
ist jetzt vom Welken fest durchdrungen
wo Odem wehte noch mit Kraft durch Zweige
liegt nun der trübe, nasse Hauch des Todes.
 
Und langsam, immer schneller
fällt die Landschaft starr zum Tod
um dann immer, immer wieder
frisch und stark ihr Leben neu zu gründen.

Samstagabend 2004

10 Euro plus Getränk
Musik laut, Luft warm
3 Bier bitte
 
Licht flackert, Schweißgeruch
Feuer, Zigarette an
3 Schnaps bitte
 
Er tanzt, sie tanzt
zurück zur Bar
3 Alkopops bitte
 
So weiter, so fort
Tanzfläche, Bar
3 Strophen später
 
Musik aus, dunkel
Parkplatz
Auto
 
Radio laut, Licht aus
Stille, Blaulicht
3 tot.

Ich rede gerade

Die Information
die wir haben:
Dass es keinen
politischen
Hintergrund hat,

ist erst mal
kein Anlass
zur Entwarnung.
Im Gegenteil,
das macht es

eher schwieriger.
Denn bei dem
politischen Hintergrund,
ist klar wohin
man ermittelt.

 „Polizeidiktatur ist schuld!“

Halten Sie
bitte
die Fresse!
Danke
ich rede
gerade.

 „Ja, Fresse!“

Ja ich rede
gerade
Wir sind hier
in Deutschland
Ich rede
gerade
bitte Maul halten.
Danke.

 „Die Polizeidiktatur, einfache Menschen bestrafen!“

Ja jetzt gehen Sie
mal bitte
zur Seite.

 „Straßenmusiker, 200 Euro.“

Gehn Sie
bitte
zur Seite.
Ich rede gerade.
Ich rede gerade,
gehen sie
mal
zur Seite.

 „Regeln. Es gibt Gesetze.“

So,
jetzt machen
wir weiter.

Vom Dichten

Im Gedicht verdichtet Sprache sich
So lernt man in den Schulen heute
Doch solln die Worte rühren mich
Das ist doch wichtig liebe Leute
 
Und wenn es Strophen hat und Zeilen
Dann muss das doch noch lang nichts heißen
Wenn’s nicht im Herzen schmerzt bisweilen
Kann’s mich auch nicht vom Hocker reißen
 
Und sei es noch so einfach, schlicht
Wenn es Gefühle löst
Dann ist’s, ganz einfach, ein Gedicht
 
Soviel dann zur Gedichtlichkeit
Drum schreib ich jetzt den letzten Vers
In ihrer tiefsten Verbundenheit
Was noch zu sagen blieb: Das wär’s!

Walser

So schrieb er denn der Schweizer,
vor allem kurze Prosastücke.
Man denkt sich na schau her,
der hat ja Mut zur Lücke.

Und ließt man doch,
wird man gefangen,
nicht losgelassen noch
bis man am Ende angelangen.

Salat

Da lese ich den Nathan und ess dazu Salat,
so recht mag’s mir nicht schmecken,
es ist doch etwas fad.


Da denk ich so bei mir: „Mensch Lessing“,
die Lösung kann so einfach sein,
probier’s mal mit French Dressing.

Hintergrund
Entstand nach einer Robert Gernhardt Lesung, in welcher er damit spielte, dass es auf „Mensch“ keinen Reim gibt.

So ist es

Ich sitze hier im Dunkel
und schreibe Buchstabe um Buchstabe
auf dieses Stück Papier.

Aus Zeichen werden Wörter
die sich reihen
auf diesem Stück Papier.

Die Wörter werden Worte
die Dunkelheit vertreiben
von diesem Stück Papier.

Ich sitze hier nun wird es heller
Und auf einmal ist es Licht!
Auf dieses Stück Papier
schrieb ich ein Gedicht.

Sinne

Reden und Nichts sagen.
Schauen und Nichts sehen.
Tasten und Nichts fühlen.
Ist ein Massenphänomen.

Sagen ohne zu reden.
Sehen ohne zu schauen.
Fühlen ohne zu tasten.
Ist die wahre Kunst des Lebens.

Nach dem Regen

So wie die Sonne nach dem Regen,
wenn sich die Wolken niederlegen,
wenn sich die Welten wieder regen:
So wird es immer sein.


So wie der Regenbogen auf-
sind die dunklen Wolken abgezogen.
Ist uns die Wittrung wieder wohlgewogen:
So wird es immer sein.


So wie die Sonne heute strahlt,
so hat sich doch das Unwetter
mal wieder ausgezahlt.

Lichter der Hoffnung

Der Tage neigt sein Haupte
unter den Horizont.
Die Nacht haucht aus ihr Dunkel
an großer, breiter Front.
 
Ihr Mantel legt sich über
das ganze Firmament.
Doch hat der Mantel Löcher
die tausend Sterne sind
 
Das jedes Sternlein mir doch
ein wenig Hoffnung gibt.
Ist weil jedes Lichtlein
ein Stück der Dunkelheit besiegt.
 

Zeit

Die Zeit.
Die Zeit sie geht dahin.
Ohne Sinn!

Keiner hat sie, jeder will sie!
Doch wie könnte man etwas besitzen,
dass keiner erfassen kann?

Die Zeit.
Die Zeit sie geht und steht.
Nicht still!

Und könnte einer sie besitzen,
Ihren Gang ändern, sie anhalten…
Wäre das Erfüllung? Glück?

Die Zeit.
Die Zeit geht sie dahin.
Ohne Sinn?

Regen

Wie Fäden fest verbunden,
fällt Wasser dort vom Himmel,
wo wir noch jüngst gestunden.
Plitsch, Platsch, Pfütze.
Jetzt gibt’s vom Himmel auf die Mütze.
 
Gelbe Schuh aus PVC,
springen hier und da umher.
Durch die Lache ein VW.
Plisch, Platsch, Pfütze.
Jetzt gibt der Boden auf die Mütze
 
In flinken schnellen Schritten,
eilen Menschen fort nach Haus.
Lieber Herr ich muss doch bitten!
Plitsch Platsch, Mütze
Jetzt liegt sie in der Pfütze.